Wenn Athleten unter ihrem Niveau bleiben – ein unterschätztes psychologisches Muster im Präzisionssport

 

In vielen Jahren als Sportler und Trainer begegnet einem so einiges: Nervosität, Erwartungsdruck, technische Blockaden und mentale Spannung. Doch ein spezielles psychologisches Muster, das in der Theorie beschrieben wird, taucht in der Praxis selten offen auf. Wenn es erscheint, dann meist in einer abgeschwächten, gut kaschierten Form: Athleten, die im Wettkampf unter ihrem tatsächlichen Niveau bleiben, um sich unbewusst vor innerem Druck zu schützen. Auf den ersten Blick wirkt dieses Verhalten wie fehlende Motivation oder eine lässige Haltung gegenüber kleineren Wettbewerben. In Wirklichkeit handelt es sich um einen subtilen Selbstschutzmechanismus, der den Betroffenen selbst oft gar nicht bewusst ist.

 

Kaum ein Sportler würde jemals sagen, dass er absichtlich schlechter schießt. Stattdessen entstehen Erklärungen wie „Das ist nur ein Trainingswettkampf“, „Ich wollte heute eigentlich gar nicht antreten“ oder „Bei wichtigen Turnieren bin ich dann voll da“. Diese Sätze entlasten das eigene Ego und sorgen dafür, dass das Ergebnis nicht als Maßstab dienen muss. Wenn der Wettkampf angeblich nicht wichtig war, kann die Leistung auch nicht enttäuschen. Das Ziel ist also nicht, schlechter zu sein, sondern sich nicht messen zu müssen.

 

Hinter diesem Verhalten stehen oft tiefere Ängste: die Angst, Erwartungen nicht gerecht zu werden, die Angst, Trainer oder Team zu enttäuschen, die Angst vor Aufmerksamkeit, Beurteilung und wachsender Verantwortung und schließlich die Angst, das eigene wahre Leistungsniveau sehen zu müssen – hier und jetzt.

 

Im Präzisionssport, etwa im Bogensport oder Schießen, in denen jeder Fehler sichtbar und jedes Detail entscheidend ist, wirken solche Ängste besonders stark. Sie führen dazu, dass Athleten sich innerlich zurücknehmen und ihr Potenzial nicht abrufen, obwohl sie technisch und mental dazu in der Lage wären.

 

In der Praxis zeigt sich dieses Muster selten dramatisch, sondern eher durch einen ungewöhnlich niedrigen Aktivierungszustand, durch fehlende Wettkampfroutine bei kleineren Turnieren oder durch deutliche Unterschiede zwischen Trainingsleistung und Wettbewerb. Viele Trainer kennen das Phänomen, dass ein Athlet im Training nahezu fehlerfrei arbeitet, im Wettkampf jedoch einbricht. Oft wird das als Aufregung, Nervosität oder mentale Blockade eingeordnet, doch tatsächlich kann dahinter genau dieser Schutzmechanismus stehen. Dass dieses Verhalten häufig übersehen wird, liegt daran, dass es sich hervorragend tarnt. Was im Kern Angst ist, erscheint nach außen als Gelassenheit. Was ein Schutz vor Bewertung ist, wirkt wie Nachlässigkeit. Und weil der Athlet selbst glaubt, was er sagt, liefert er überzeugende Begründungen für seine „lockere“ Herangehensweise. Die Auswirkungen hingegen – instabile Leistungen, Druckprobleme, fehlendes Selbstvertrauen in die eigene Wettkampffähigkeit – sind deutlich sichtbar, auch wenn der psychologische Ursprung im Verborgenen bleibt.

 

Bleibt dieses Muster unberührt, birgt er Risiken. Die Leistungsstatistik verzerrt sich und erschwert eine realistische Trainingsplanung. Der Athlet verliert schleichend Selbstvertrauen, weil er sein Potenzial im Wettkampf nie vollständig erlebt. Die Lücke zwischen Training und Wettbewerb wird größer, und echte Drucksituationen werden zunehmend schwerer zu bewältigen. Langfristig kann sich daraus sogar eine Art selbstverstärkende Selbstsabotage entwickeln. Trainer spielen an dieser Stelle eine entscheidende Rolle. Sobald erkennbar wird, dass das Verhalten des Athleten keine Faulheit, sondern ein Schutzmechanismus ist, lässt sich gezielt darauf eingehen. Besonders hilfreich ist hier das Prognosetraining nach Ebersbacher, das sich im Präzisionssport als äußerst wirkungsvolles Werkzeug etabliert hat.

 

Beim Prognosetraining gibt der Athlet z.B. vor jedem Durchgang eine kurze, realistische Prognose ab, also eine bewusste Einschätzung dessen, was er im nächsten Schuss, in der nächsten Passe oder Serie voraussichtlich leisten wird. Diese Prognose ist kein Ziel und kein Wunsch, sondern eine klare innere Positionierung: eine Verbindung aus Körpergefühl, mentalem Zustand und aktueller Tagesform. Allein dieser Schritt verhindert viele Ausweichstrategien, weil der Athlet Verantwortung für seine eigene Einschätzung übernimmt und sich nicht mehr hinter Floskeln wie „Mal sehen, was heute geht“ verstecken kann. Nach dem Durchgang folgt eine ebenso kurze Rückmeldung, in der der Athlet reflektiert, ob seine Prognose zutraf oder nicht und welche Faktoren dazu geführt haben. Es geht nicht um Bewertung, sondern um Bewusstheit: um ein besseres Verständnis der eigenen Wahrnehmung und der Verbindung zwischen Gefühl, Handlung und Ergebnis.

 

Das Prognosetraining wirkt deshalb so stark, weil es den Athleten aus einer passiven, unverbindlichen Wettkampfhaltung herausholt und in eine aktive, klare Selbstverantwortung führt. Wer seine Leistung zuverlässig prognostizieren kann, verliert die Angst vor dem Wettkampf, weil dieser nicht mehr als unkontrollierbare Bedrohung erscheint, sondern als nachvollziehbarer Prozess. Gleichzeitig entsteht ein tiefes Vertrauen in die eigene Wahrnehmung, was im Präzisionssport ein zentraler Baustein mentaler Stabilität ist. Die Kombination aus Prognose und Rückmeldung macht kleine Wettkämpfe wertvoll, weil sie zu Trainingseinheiten der Selbstkenntnis werden und der Athlet lernt, seine Leistung realistischer einzuschätzen und reproduzierbarer zu machen.

 

Das beschriebene Muster des Unterperformens existiert also durchaus, jedoch selten in der extremen Form, wie man sie in theoretischen Texten findet. In der Realität ist es leiser, versteckter und oft emotional nachvollziehbar. Es ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein menschlicher Versuch, sich vor innerem Druck zu schützen. Mit der richtigen mentalen Begleitung – und insbesondere mit dem Prognosetraining nach Ebersbacher – lässt sich dieser Mechanismus auflösen, sodass jeder Wettkampf, ob groß oder klein, zu einer echten Chance für Wachstum und Stabilität wird.

 

Prognosetraining für Schützen, Bogenschützen und Präzisionssportler: mentale Stärke, Selbstwahrnehmung und stabile Wettkampfleistungen entwickeln. Das Training basiert auf bewährten mentalen Methoden und wird individuell angepasst, um Ängste abzubauen, Selbstvertrauen aufzubauen und die Leistung reproduzierbar zu machen. Ideal für alle, die ihre mentale Performance gezielt verbessern möchten. Bei Interesse, spreche mich gern an.


ÜBER DEN AUTOR

Autor

Ralph Hillmer

Ralph Hillmer ist Experte für Epigenetik  & Sport Mentaltraining und hat bereits in zahlreichen Coachings und Trainings sein Wissen unter Beweis gestellt. In diesem Blog erfährst du mehr über seine Expertise.

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